Warum steht Cradle to Cradle in der Kritik?
Stellen wir uns vor, alles, was wir entwerfen und gestalten, kann wiederverwendet werden. Eine Waschmaschine kann nach langer Benutzung vollständig zerlegt und die Materialien ohne Qualitätsverlust für ein neues technisches Produkt verwendet werden. Ein T-Shirt aus Biobaumwolle ist kompostierbar und dient am Ende seiner Lebenszeit als Nährstoff für Pflanzen.
Ist diese Vorstellung von geschlossenen Kreisläufen zu utopisch und steht deshalb in der Kritik? Oder verbirgt sich hinter einer “Cradle to Cradle-Welt” – einer Welt ohne Abfall – tatsächlich die Lösung für den menschengemachten Klimawandel?
Cradle to Cradle (auf deutsch: “von der Wiege zur Wiege”) oder auch C2C abgekürzt ist ein Designkonzept basierend auf dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft (eng. circular economy). Cradle to Cradle-Produkte werden so designed, dass sie als Nährstoffe in biologische Kreisläufe zurückgeführt werden oder als “technische Nährstoffe” in technischen Kreisläufen idealerweise vollständig wiederverwertet werden können.
Das vorherrschende Bild von Umweltschutz, oder auch “Cradle to Grave” genannt, steht allerdings für eine Zero Waste Strategie. Wenn wir weniger schlecht sind, z.B. weniger mit dem Flugzeug fliegen, verbrauchen wir weniger Ressourcen. Produkte werden zwar zum Teil recycled und haben dadurch eine längere Lebensdauer; da diese aber nicht dafür designed wurden, landen sie dann doch früher oder später im Müll (Downcycling). Diese Zero Waste Strategie, unter der auch der Begriff der Klimaneutralität fällt, gibt uns Menschen gar keine Chance positiv zu sein. Das Beste, was wir erreichen können, ist es “eine Null zu sein”, keinen Impact zu haben.
Wenn uns herkömmlicher Umweltschutz ganz offensichtlich nicht aus der Misere retten kann, warum steht Cradle to Cradle überhaupt so in der Kritik?
Die Kritik liegt hauptsächlich an der Herausforderung, Systeme neu und anders zu denken. Kritikerinnen und Kritiker bezweifeln die Umsetzbarkeit im großen Stil, denn das würde eben eine Neugestaltung der Wirtschaft voraussetzen.
Cradle to Cradle: Was sind die Vor- und Nachteile?
Im Mittelpunkt des Cradle to Cradle-Prinzips steht das Design von Produkten, die nicht nur einen ökonomischen und kulturellen Wert haben, sondern auch förderlich für die Natur sind.
Cradle to Cradle Vorteile
- Produkte zirkulieren in Kreisläufen, es gibt keinen Abfall mehr
- kein Raubbau mehr an der Natur, da die Rohmaterialien einmal entnommen werden und dann idealerweise unendlich zirkulieren können
- Einhaltung der Cradle to Cradle Standards
- Produkte können als Dienstleistungsmodelle angeboten werden (Product as a Service)
- langfristig günstigere Produktionskosten für Unternehmen
Cradle to Cradle Nachteile
- Umdenken ist erforderlich
- Produktionsumstellung kann kostenintensiv sein (Cradle to Cradle Zertifizierungen)
- je nach Cradle to Cradle Zertifizierungslevel noch kein 100%iger Kreislauf der Produkte
- kann als Greenwashing benutzt werden, wenn Unternehmen nur zum Teil umstellen, um konventionelle Produktionsverfahren damit besser darzustellen
- Cradle to Cradle Zertifizierungen berücksichtigen keine Transportwege, wo ebenfalls Emissionen entstehen
Ein Plädoyer für eine „Cradle to Cradle-Welt“
Das Cradle to Cradle-Konzept ist zukunftsfähig. Solange das Wirtschaftssystem allerdings noch auf fossile Energieträger angewiesen ist und wir von keiner gerechten Verteilung von Rohstoffen sprechen können, braucht es eine Kombination aus Verzicht und C2C-Konsum.
Wofür Cradle to Cradle allerdings jetzt schon steht, ist Unternehmen in den Transformationsprozess zu kreislauffähigen Produkten zu bringen. Hier wäre es wünschenswert zu sehen, dass sich Hersteller komplett für C2C entscheiden und ausschließlich nach diesen Standards produzieren. Denn neben anderen Öko-Siegeln wie GOTS oder der Grüne Knopf wird nach Angaben von Wolfgang Grupp junior – Sohn des Trigema-Gründers Wolfgang Grupp – deutlich: „Keines der Siegel – mit Ausnahme von Cradle to Cradle – hat unsere Prozesse oder unsere Produkte weiter verbessert“ (lese auch Horizont Artikel). Liebe Unternehmen, worauf wartet ihr also?
Denn eines ist auch klar: Die Konsumentinnen und Konsumenten können es nicht alleine richten. Die Produzent/-innen sind gefragt Verantwortung für unseren Planeten zu übernehmen und die Politik muss die Rahmenbedingungen dafür schaffen.
Du kannst schon heute mit den richtigen Kaufentscheidungen ein Zeichen setzen und den Herstellern zeigen, dass du einen positiven ökologischen Fußabdruck hinterlassen möchtest.
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