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Nou.Niss – Zukunftsweisende Mode durch Reanimation

Ein Gastbeitrag von Christiane Shadow vom 7. Dezember 2024
NouNiss Handwärmer
Fotocredit: Negin Kasbi

Beeindruckende Mode mit farbigen Flächen manchmal mit andersfarbigen Punkten fallen ins Auge. Aus reiner Wolle oder Gemischen sind die extravaganten Unikate. Das Besondere daran ist die Bezugsquelle der Rohstoffe. Es handelt sich um hochwertige Pullover, die ihr erstes Leben bereits hinter sich haben und im zweiten Leben im neuen Design erstrahlen.

Eine Schöpferin von Nou.Niss ist Jutta Meisen aus Bielefeld, eine studierende Modedesignerin, die bereits während ihres Studiums den Sprung ins nachhaltige Modewasser gewagt hat. 

Jutta, wie kam es zur Idee deines Startups?

Jutta: Während meiner Bachelorarbeit war ich im Prozess eine Kollektion zu kreieren und war damals schon in Kontakt mit der Recyclingbörse, mit der ich heute zusammenarbeite, um mein Material zu beziehen. Dort habe ich gesehen, wie schade es wäre hochwertige Materialien wegzuschmeißen. Somit habe ich einige Pullover aus reiner Wolle gerettet und sie neu in Szene gesetzt.

Mein betreuender Professor ermutigte mich mehr daraus zu machen als nur eine Bachelorkollektion. Er meinte diese Kollektion könne die Basis sein, für eine Serie, die man kommerziell verkaufen könnte.

Wie siehst du deine Zukunft in der Modebranche? 

Jutta: Nach der Abschlussarbeit war mir klar, dass ich nicht für die herkömmliche kommerzielle Modewelt geschaffen bin. Es hat sich in mir alles gesträubt. Fast Fashion und Überkonsum kann ich nicht unterstützen. Ich wollte einen Unterschied machen, ein Zeichen setzen zu mehr Nachhaltigkeit und zeigen, dass durch ein gutes Upcycling neue Produkte kreiert werden können. 

Dann hast du ein Startup mit Wollresten gegründet und das Modelabel Nou.Niss mit deiner Geschäftspartnerin Faaraz gegründet. Wann war das?

Jutta: Die Gründungsidee hatte ich mit meiner Kommilitonin Fari (Faraaz) im Spätsommer 2021, als ich meinen Bachelor absolvierte. So richtig startete der Prozess im Frühjahr 2022 und wurde ein bisschen konkreter. Von der Hochschule bekamen wir Unterstützung, unter anderem im Media-Bereich, also zur Erstellung der Website und für die Absatzmöglichkeiten.

Fotocredit: Negin Kasbi | Hochwertige Strickunikate aus reiner Wolle aus der Kollektion Winter 2024

Wie seid ihr auf den Namen Nou.Niss gekommen?

Jutta: Das war die Idee meiner Mitgründerin Fari. Sie ist Iranerin und spricht Farsi, also Persisch als Muttersprache. Wir haben lange überlegt, wie wir unser Baby nennen wollen. Irgendwann sagte sie: „Wie wäre es mit Nou.Niss?“ Auf Deutsch würde es heißen „Ist nicht neu“. Aber das bedeutet nicht, dass es wertlos ist. Für uns bedeutet es vor allem GELIEBT und WERTGESCHÄTZT. Das bezieht sich auf die wiederverwertete Wolle oder Woll-Seidengemische. Unser Name ist einzigartig wie unsere verschiedenen Styles und Designs, die abwechselnd deutsche und persische Vornamen haben. Das reflektiert unsere Kooperation.

Ihr sprecht von reanimated Fashion. Was versteht ihr darunter?

Jutta: Wir finden es beschämend, dass nur 2-4 % der Kleidung, die an die Recyclingunternehmen in Deutschland gespendet wird, in Secondhand-Läden weiterverkauft wird! Meistens werden gespendete Textilien aussortiert, weil sie kleine Beschädigungen aufweisen, weil sie qualitativ minderwertig oder einfach nicht mehr in Mode sind. Nach der Entsorgung werden die Textilien ins Ausland exportiert, im Downcycling zum Beispiel zu Lappen zerrissen oder sogar verbrannt. Wir wollen kostbare Materialien vor diesem Schicksal bewahren! Egal, ob ein Wollpullover durch Motten beschädigt wurde oder eine Kaschmirweste auf die Größe eines Kinderstramplers geschrumpft ist. Wir sehen den Wert dieser Stücke und erwecken sie in unserem kleinen Atelier in Bielefeld zu neuem Leben. Alle unsere Kleidungsstücke werden REANIMIERT, mit viel Liebe zum Detail und wenig Abfall. Wir achten darauf, dass die von uns hergestellten Kleidungsstücke aus mindestens 70 % Wolle oder Seide und maximal 30 % aus Kunstfasern bestehen. Die einzigartige Handstickerei auf jedem Kleidungsstück betont die Beschädigungen des Originalmaterials, anstatt sie zu verbergen. Diese farblich abgesetzten Punkte oder Quadrate erzählen die eigene Geschichte jedes Einzelstücks.

Nun ist euer Unternehmen zwei Jahre alt. Könnt ihr bereits vom Verkauf eurer Unikate leben?

Jutta: So weit sind wir noch nicht. Wir warten bis Ende des Jahres bis wir uns von den Einnahmen etwas auszahlen. Immerhin sind wir dieses Jahr in das neue Atelier umgezogen.


In eurem neuen Atelier ist auch ein Laden integriert. Wie entwickelt sich der neue Standort?

Jutta: Jetzt haben wir tatsächlich ein Atelier mit Verkaufsfläche mit insgesamt 60 qm. Seit Mai sind wir in der Mittelstraße, im Künstlerviertel von Bielefeld. Noch ist es etwas früh für eine Prognose. Unsere Präsenz muss sich erstmal einleben. Wir sind nicht in der Hauptfußgängerzone, sondern im sogenannten Bielefelder Osten. Es war früher ein Arbeiterviertel und ein bisschen heruntergekommen. Über die Zeit hat sich eine alternative und künstlerische Szene etabliert. Einige Kunstateliers sind entstanden sowie zwei nahegelegene Modeateliers. Auch wir haben eine Künstlerin als Untermieterin in unserem Store. Wir passen einfach gut hierhin. Es gibt zwar wenig Laufkundschaft. Aber die Menschen, die kommen, suchen diese Art der Mode und Kunst. Es entwickelt sich gerade ein neues Quartier um uns herum. Die Vorarbeit war riesig. Aber jetzt ist es vollbracht.  Für uns ist es ein Riesensprung. Vorher hatten wir lediglich über unsere Internetseite, auf Märkten und über Etsy verkauft.

Welche Öffnungszeiten sind neben deinem Studium möglich?

Jutta: Es ist ganz ungewohnt für uns, dass wir regelmäßig präsent sein müssen. Wir sind von Donnerstag bis Samstag von 10 bis 18 Uhr im Verkauf. Das kriegen wir gut koordiniert.

Wie sind deine Pläne für den Abschluss deines Studiums?

Jutta: Wegen meines Studiums kann ich auch noch nicht Vollzeit im Atelier sein. Ich denke, Ende 2025 werde ich das Masterstudium beendet haben. Als Thema für die Masterarbeit möchte ich Lehrmodule für Nachhaltigkeit im Textildesign entwickeln, sodass Lehrende es als komplettes Konzept mit der ganzen Komplexität verwenden können. können.

Deine Masterarbeit wird eine Lerneinheit über Nachhaltigkeit in der Textilbranche sein?

Jutta: Ja, es ist zwar auf Modedesign ausgerichtet aber die Idee ist, dass man es auch modular anwenden kann und auf ganz verschiedene Fachbereiche übertragen kann. Ich plane es zu veröffentlichen.

Auf eurem Newsletter sehen wir, dass ihr auch auf Märkten und Modemessen präsent seid.

Jutta: Vom 11. – 14. Dezember sind wir zum Beispiel bei Normas Finest Pop-Up in der Galerie O in Köln. Vorher waren wir auf dem Superweihnachtsmarkt (Köln) und anderen Events. Wir sind viel auf Tour.

Jutta, danke für dieses Interview und weiterhin viel Erfolg!

Fotocredit: Negin Kasbi | Fotolegende: Jutta (unten) und Faraaz (oben)

Über Nou.Niss

Jutta studierte Modedesign an der Fachhochschule Bielefeld und schloss ihr Studium mit ihrer Bachelor-Kollektion im September 2021 ab. Mit ihrer Debütkollektion legte sie den Grundstein für die Gründung von Nou.Niss. Während ihrer Zeit an der Universität professionalisierte sie sich in den Bereichen Zero-Waste Design, Upcycling und Nachhaltigkeit und vertieft diese Studien zurzeit während ihres Masters. Sie wollte schon immer Teil der Revolution sein, die die Mode in eine nachhaltigere Zukunft führt.

Faraaz studierte Kunsthandwerk an der Universität von Teheran. Während und nach ihrem Abschluss fertigte und verkaufte sie handgemachte und upgecycelte Ledertaschen, Accessoires und Schmuck. In Bielefeld studierte sie Modedesign, und schloss ihren zweiten Bachelor im Sommer 2023 ab. 

Kontakt zu Nou.Niss

Jutta Meisen und Faraaz Sedaghati

Instagram: @nou.niss_reanimated.fashion
Facebook: NouNiss-Reanimated-Fashion
Website: https://nou-niss.de/
Etsy: https://nouniss.etsy.com
E-Mail: info@nou-niss.de


Text: Christiane Schadow                
Fotos: Negin Kasbi

Über Christiane Schadow

Christiane Schadow ist freie Journalistin und Buchautorin.
Die studierte Wirtschaftswissenschaftlerin ist Sprecherin des Bündnis Textil bei der Cradle to Cradle NGO und macht sich somit gegen Fast Fashion und für die Kreislauffähigkeit von Bekleidung stark. Sie hält Vorträge in Schulen, Universitäten und Modemessen, schreibt ein Lehrbuch zur nachhaltigen Textilwirtschaft und führt Interviews mit Designer:innen und Geschäftsinhaber:innen, die bereits einen vorbildlichen Weg beschritten haben.

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